An einem sonnigen Morgen an der ostfriesischen Nordsee erwachte die kleine Robbe Ubbo auf einer warmen Sandbank. Er räkelte sich genüsslich und blinzelte verschlafen in die aufgehende Sonne. Heute war ein besonderer Tag! Ubbo hatte sich vorgenommen, die Seehundsandbänke zu erkunden und mehr über das Leben seiner Artgenossen zu lernen.
Ein erster Ausflug ins Wasser
Neugierig rutschte Ubbo auf seinem Bauch zum Wasser und glitt elegant in die Wellen. Sofort spürte er die kühle Strömung und paddelte mit seinen kräftigen Flossen los. Wusstet ihr, dass Seehunde sehr gute Schwimmer sind? Sie können bis zu 200 Meter tief tauchen und mehrere Minuten unter Wasser bleiben! Ubbo versuchte es selbst und tauchte spielerisch unter die Wasseroberfläche.
Treffen mit Opa Finn
Nach einer Weile entdeckte Ubbo eine größere Sandbank, auf der einige Seehunde faul in der Sonne lagen. Unter ihnen war auch Opa Finn, ein erfahrener alter Seehund mit grauem Fell und vielen Narben aus seiner Jugend.
„Guten Morgen, Ubbo! Was führt dich heute zu uns?“ fragte Opa Finn freundlich.
„Ich möchte alles über unser Leben auf den Sandbänken und im Meer lernen!“ antwortete Ubbo aufgeregt.
Opa Finn lachte. „Dann bist du hier genau richtig. Schau dich um – hier ruhen sich die Seehunde aus, nachdem sie im Meer auf Fischjagd waren. Wir müssen unsere Kräfte sammeln, denn das Wasser kann sehr anstrengend sein.“
Ubbo sah sich um. Einige Seehunde schliefen, andere spielten miteinander oder putzten ihr Fell. Er bemerkte, dass viele von ihnen weiße Bäuche hatten, während ihr Rücken grau oder braun gefleckt war. Ubbo erinnerte sich an das, was er in der Seehundschule gelernt hatte: Seehunde haben einen stromlinienförmigen Körper, der ihnen das Schwimmen erleichtert.
Die Männchen können bis zu 1,80 Meter lang werden und etwa 130 Kilogramm wiegen, während die Weibchen mit durchschnittlich 1,50 Metern und 100 Kilogramm etwas kleiner und leichter sind. Sie können bis zu 35 Jahre alt werden. Während der Paarungszeit kämpfen die Männchen um die Weibchen, und nach einer Tragezeit von etwa elf Monaten wird ein einzelnes Jungtier geboren. Seehunde leben an den Küsten der Nordsee und des Atlantiks, wo sie Sandbänke und flache Küstengewässer als Ruheplätze nutzen.

Die Kunst des Fischfangs
„Und was fressen wir am liebsten?“ fragte Ubbo neugierig.
„Fische, kleine Krebse und manchmal auch Tintenfische!“ erklärte Opa Finn. „Aber Fische sind unser Hauptnahrungsmittel. Wir haben lange Schnurrhaare, die uns helfen, Beute im Wasser zu spüren.“
Ubbo schnupperte mit seinen eigenen Schnurrhaaren im Wasser. Er konnte wirklich leichte Bewegungen spüren! Plötzlich schoss ein kleiner Fisch an ihm vorbei. Ohne nachzudenken, machte Ubbo einen schnellen Satz und schnappte nach dem Fisch – doch er war zu langsam!
Opa Finn lachte. „Das braucht Übung, mein Junge. Du wirst es mit der Zeit lernen.“
Die Gefahren des Meeres
Nach einer Weile wurde Ubbo müde und legte sich auf die Sandbank. „Gibt es eigentlich auch Gefahren für uns?“ fragte er.
Opa Finn nickte ernst. „Ja, das Meer ist wunderschön, aber es gibt auch Gefahren. Manchmal kommen große Schiffe zu nah an unsere Sandbänke, und wir müssen aufpassen, nicht von ihnen verletzt zu werden. Und dann gibt es noch Menschen, die uns beobachten. Die meisten sind freundlich, aber manche stören unsere Ruhe.“
Ubbo wurde nachdenklich. „Und was ist mit Fressfeinden?“
Opa Finn schmunzelte. „Hier in der Nordsee gibt es nur wenige Tiere, die uns gefährlich werden können. Aber wir müssen trotzdem wachsam sein. Die beste Strategie ist immer, in Bewegung zu bleiben und aufeinander aufzupassen.“
Heuler und die Seehundstation Norddeich
Während Ubbo mit Opa Finn sprach, hörte er plötzlich ein leises Wimmern. Neugierig blickte er sich um und entdeckte ein kleines Seehundbaby, das ganz allein am Rand der Sandbank lag. „Was ist mit ihm?“ fragte Ubbo besorgt.
Opa Finn seufzte. „Das ist ein Heuler. Manchmal verlieren junge Seehunde ihre Mütter, zum Beispiel bei starkem Wellengang oder durch Störungen von Menschen. Dann rufen sie laut nach ihnen. Doch wenn die Mutter nicht zurückkommt, brauchen sie Hilfe.“
„Und wer hilft ihnen?“ fragte Ubbo.
„Die Menschen in der Seehundstation Norddeich,“ erklärte Opa Finn. „Dort werden verlassene Heuler aufgenommen, gefüttert und gepflegt, bis sie stark genug sind, um wieder ins Meer zurückzukehren. Das nennt man Auswilderung. Die Mitarbeiter dort kümmern sich liebevoll um die kleinen Seehunde und sorgen dafür, dass sie gesund heranwachsen.“
Ubbo war beeindruckt. „Dann sind manche Menschen also doch sehr hilfsbereit!“
Opa Finn nickte. „Ja, es gibt viele, die sich um uns kümmern und darauf achten, dass wir in Sicherheit sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns von Menschen nicht zu sehr stören lassen, aber auch erkennen, wenn sie helfen wollen.“
Rückkehr zur Familie
Am Abend machte sich Ubbo auf den Heimweg zu seiner Familie. Er fühlte sich glücklich und erschöpft von seinem lehrreichen Tag. „Heute habe ich so viel gelernt!“ dachte er, während er sich an seine Mama kuschelte. „Ich werde eines Tages ein großer und weiser Seehund sein – genau wie Opa Finn!“
Und während die Sonne langsam im ostfriesischen Wattenmeer versank, träumte Ubbo von neuen Abenteuern auf den Seehundsandbänken.
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