Die „Ostfriesische Rose“ ist weit mehr als nur ein Porzellandekor – sie ist ein lebendiges Symbol ostfriesischer Teekultur und ein Zeugnis jahrhundertealter Handwerkskunst. Wer einmal eine echte ostfriesische Teezeremonie miterlebt hat, wird die charakteristischen Porzellantassen mit dem markanten Rosendekor nicht vergessen. Doch was steckt hinter der Geschichte dieses besonderen Designs? Das Ostfriesische Teemuseum Norden und das Bünting Teemuseum in Leer bieten spannende Einblicke.
Die Ursprünge des Porzellans in Europa
Porzellan, auch als „Weißes Gold“ bekannt, hat eine lange Geschichte, die in China bereits im 7. Jahrhundert begann. In Europa hingegen gelang die Produktion erst Anfang des 18. Jahrhunderts. Der deutsche Alchemist Johann Friedrich Böttger entwickelte im Auftrag von August dem Starken ein Verfahren zur Herstellung von Porzellan. Diese bahnbrechende Erfindung legte den Grundstein für die erste europäische Porzellanmanufaktur in Meißen.
Porzellan besteht aus einer Mischung von Quarz, Feldspat und Kaolin, die bei extrem hohen Temperaturen gebrannt wird. Thüringen, reich an den benötigten Rohstoffen, entwickelte sich schnell zu einem Zentrum der Porzellanproduktion. Hier gründete Johann Wolfgang Hammann 1763 die Wallendorfer Porzellanmanufaktur, eine der ältesten in Deutschland.
Die „Deutsche Blume“ und die Entstehung der Ostfriesischen Rose
Während viele europäische Porzellanmanufakturen anfangs asiatische Dekore imitierten, setzte sich bald ein eigener Stil durch: die sogenannte „Deutsche Blume“. Dieses Design zeigte naturalistische Darstellungen von Blumen wie Rosen, Tulpen und Vergissmeinnicht. Auf der Glasur vorgebrannter Porzellanstücke wurden die Motive in einer speziellen Aufglasurmalerei aufgebracht und anschließend bei etwa 800 °C eingebrannt.
Die „Ostfriesische Rose“ gehört zu diesem Dekorstil. Das Motiv, eine große purpurfarbene Rose umgeben von eisenroten Blüten und grünen Blättern, war bereits im 18. Jahrhundert populär. Interessanterweise zeigen historische Beispiele aus dem Bünting Teemuseum, dass die Darstellung der Rose im Laufe der Zeit stark variierte. Offene und geschlossene Formen, sowie Farbnuancen von Rosa bis Violett, prägen die unterschiedlichen Generationen dieses Designs.
Die Tassen mit der „Ostfriesischen Rose“ zeichnen sich oft durch eine gerippte Oberfläche aus, die als „gebrochener Stab“ bekannt ist – ein Designelement, das auf die Meißener Porzellanmodelle zurückgeht.
Der Weg nach Ostfriesland
Die Verbreitung des Rosendekors nach Ostfriesland begann mit dem aufkommenden Wohlstand der Region. Wohlhabende Bauernfamilien schätzten das hochwertige Porzellan als Statussymbol. Ein Porzellanmaler aus Thüringen ließ sich in Aurich nieder, um das begehrte Geschirr direkt vor Ort zu produzieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich die Produktionswege: Thüringen war nicht mehr zugänglich, und westdeutsche Manufakturen übernahmen die Herstellung.
Heute wird das traditionelle Dekor „Ostfriesische Rose“ vor allem von der Wallendorfer Porzellanmanufaktur handbemalt. Andere Anbieter, wie die Manufaktur Calluna in der Lüneburger Heide, verwenden moderne Techniken, bei denen die Motive aufgeklebt und eingebrannt werden. Dennoch bleibt die Verbindung zwischen Ostfriesland und diesem besonderen Porzellan lebendig.
Ein zeitloser Bestandteil der ostfriesischen Kultur
Die „Ostfriesische Rose“ ist heute untrennbar mit der ostfriesischen Teezeremonie verbunden. Celia Hübl, Leiterin des Bünting Teemuseums, beschreibt das Porzellan als festen Bestandteil des kulturellen Erbes der Region: „Hier im Teemuseum nutzen wir das Service mit der ‚Ostfriesischen Rose‘ für unsere Teezeremonien und bewahren damit eine jahrhundertealte Tradition.“
Dieses Porzellandekor ist mehr als nur ein Design – es erzählt Geschichten von Handwerkskunst, kulturellem Austausch und regionalem Stolz. Wer Ostfriesland besucht, sollte unbedingt eine Teezeremonie miterleben und das einzigartige Flair der „Ostfriesischen Rose“ selbst entdecken.
Die „Ostfriesische Rose“ in Museen: Bewahrung einer Tradition
Wer mehr über die Geschichte und Bedeutung der „Ostfriesischen Rose“ erfahren möchte, findet in den ostfriesischen Teemuseen wertvolle Einblicke. Zwei herausragende Einrichtungen widmen sich diesem besonderen Porzellandekor und seiner Verbindung zur ostfriesischen Teekultur.
Ostfriesisches Teemuseum Norden
Das Ostfriesische Teemuseum in Norden bietet eine umfassende Darstellung der ostfriesischen Tee- und Porzellantradition. Hier können Besucher die kulturelle Bedeutung der „Ostfriesischen Rose“ entdecken und historische Beispiele bewundern. Die Ausstellung beleuchtet die Rolle des Porzellans in der ostfriesischen Gesellschaft und zeigt, wie das Dekor zum festen Bestandteil der Teezeremonie wurde. Interaktive Präsentationen ermöglichen einen lebendigen Zugang zu diesem faszinierenden Thema.
Bünting Teemuseum in Leer
Im Bünting Teemuseum in Leer steht die „Ostfriesische Rose“ im Kontext der ostfriesischen Teegeschichte. Historische Teeservices und Tassen aus verschiedenen Epochen illustrieren die stilistische Entwicklung des Dekors. Besonders spannend sind die Darstellungen der variierenden Rosendesigns und Farbnuancen im Laufe der Jahrhunderte. In einer der Vitrinen finden Besucher sogar Tassen, die zeigen, wie sich die Form der Rose von offener zu geschlossener Darstellung wandelte. Das Museum bietet zudem die Möglichkeit, an einer ostfriesischen Teezeremonie teilzunehmen und das Porzellan im praktischen Einsatz zu erleben.
Lebendige Geschichte
Die Teemuseen in Norden und Leer tragen wesentlich zur Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes der „Ostfriesischen Rose“ bei. Sie machen die Bedeutung dieses einzigartigen Dekors greifbar und zeigen, wie eng es mit der ostfriesischen Lebensweise verbunden ist. Ein Besuch lohnt sich für alle, die in die faszinierende Welt der ostfriesischen Teekultur eintauchen möchten.
Fazit
Die „Ostfriesische Rose“ ist ein bedeutendes Symbol der ostfriesischen Teekultur und spiegelt die lange Geschichte europäischer Porzellanherstellung wider. Vom 18. Jahrhundert an entwickelte sich das Dekor aus dem Stil der „Deutschen Blume“ und erreichte Ostfriesland als Ausdruck von Wohlstand und Handwerkskunst. Das charakteristische Design, geprägt von einer purpurfarbenen Rose und gerippten Oberflächen, erlebte über die Jahrhunderte stilistische Variationen und wurde zu einem festen Bestandteil der Teezeremonie.
Heute wird es überwiegend in der Wallendorfer Porzellanmanufaktur handbemalt oder von anderen Herstellern modern reproduziert. Als kulturelles Erbe verbindet die „Ostfriesische Rose“ Tradition, Kunst und Lebensart und bleibt in Ostfriesland allgegenwärtig.
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