Die älteste Inselbahn Deutschlands liegt auf der Nordseeinsel Borkum in Niedersachsen und ist ein faszinierendes Relikt aus der Geschichte der deutschen Eisenbahntechnologie. Mit ihrer mehr als 100-jährigen Geschichte, einer Streckenlänge von etwa 7,5 Kilometern und ihrer kulturellen Bedeutung ist die Kleinbahn Borkum ein bemerkenswertes Verkehrsmittel, das sowohl von Touristen als auch von den Inselbewohnern geschätzt wird.
Ursprünge der Inselbahn
Die Geschichte der Kleinbahn Borkum beginnt im Jahr 1879, als eine Pferdebahn mit einer Spurweite von 900 Millimetern errichtet wurde. Ihr hauptsächlicher Zweck bestand darin, Baumaterial für den Bau des „Neuen Leuchtturms“ von der Östlichen Landungsstelle zur Westseite der Insel zu transportieren. Diese simple, aber effektive Lösung war der Beginn einer Infrastruktur, die sich schnell weiterentwickeln sollte.
Bereits neun Jahre später, am 15. Juni 1888, wurde die Strecke für den öffentlichen Verkehr geöffnet. Die rund 7,5 Kilometer lange Strecke verlief durch das offene Watt und über die charakteristischen Dünen Borkums bis zum neuen Bahnhof in der Ortsmitte. Die Kleinbahn Borkum erwies sich bald als unverzichtbar für die Inselbewohner und Touristen gleichermaßen. Schon damals war die Zahl der Passagiere Jahr für Jahr gestiegen, was die Bedeutung der Bahn als Verkehrsmittel auf der Insel unterstrich. Mit ihrem regelmäßigen Betrieb schuf sie eine neue Mobilitätsmöglichkeit, die das Leben auf der Insel nachhaltig veränderte.
Zusätzlich zu ihrer Rolle als Transportmittel für Baumaterial trug die Pferdebahn zur Verbesserung der Versorgung mit Gütern bei. Es wurden nicht nur Baumaterialien, sondern auch Lebensmittel und andere wichtige Waren transportiert, was die wirtschaftliche Entwicklung der Insel förderte. Die Kleinbahn Borkum erwies sich als wesentlicher Bestandteil des Inselalltags, insbesondere in den Wintermonaten, wenn die Bedingungen auf See schwieriger wurden.
Die anfängliche Konstruktion aus einfachen Holzschienen und handgezogenen Waggons wurde bald durch robustere Materialien ersetzt, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Die Erweiterung der Inselbahn ermöglichte es, immer größere Lasten zu transportieren, und trug dazu bei, den Bau weiterer Infrastrukturprojekte wie Straßen und Brücken zu unterstützen. Diese Entwicklungen legten den Grundstein für die spätere Elektrifizierung und die Einführung moderner Technologien in den Bahnbetrieb.
Mit der Öffnung der Kleinbahn Borkum für den Personenverkehr wurde auch der Tourismus gefördert. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann Borkum, sich zu einem beliebten Ziel für Erholungssuchende zu entwickeln. Die Inselbahn spielte hierbei eine Schlüsselrolle, indem sie den Reisenden eine bequeme Verbindung zwischen dem Hafen und den wichtigsten Orten auf der Insel bot. Dies trug nicht nur zur Popularität Borkums bei, sondern schuf auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Inselbewohner, darunter den Bau von Pensionen, Restaurants und anderen touristischen Einrichtungen.
Kaiserliche Zeiten und militärische Nutzung
Ein Wendepunkt in der Geschichte der Kleinbahn Borkum war das Jahr 1902, als Kaiser Wilhelm II. Borkum den Status einer Seefestung verlieh. Die Insel erhielt strategische Bedeutung, was den Bau von Geschützstellungen, Bunkern und Baracken im Ostteil zur Folge hatte. Die Bahn spielte eine wichtige Rolle bei der Versorgung dieser militärischen Einrichtungen. Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, wurde die Strecke zweigleisig ausgebaut, was für eine Inselbahn zu jener Zeit eine bemerkenswerte Errungenschaft war.
Die Bedeutung der Bahn während dieser Zeit kann nicht überschätzt werden. Sie war nicht nur ein Transportmittel, sondern ein zentraler Bestandteil der militärischen Infrastruktur. Diese Periode markierte den Beginn eines intensiven Ausbaus und einer verstärkten Nutzung der Kleinbahn Borkum.

Borkumer Kleinbahn und Dampfschifffahrt AG
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Borkumer Kleinbahn und Dampfschifffahrt AG mit Sitz in Emden gegründet. Diese Organisation übernahm nicht nur die Verantwortung für den Betrieb der Inselbahn, sondern auch für die gesamte Hafenlogistik der Insel. Dies markierte einen entscheidenden Schritt in der Professionalisierung und Weiterentwicklung der Infrastruktur auf Borkum.
Die Inselbahn erlebte in den folgenden Jahren eine Phase intensiver Modernisierung und Erweiterung. Im Jahr 1920 wurde die Strecke über die Strandpromenade hinaus verlängert, um dem zunehmenden Personen- und Güterverkehr gerecht zu werden. Diese Verlängerung brachte nicht nur eine bessere Anbindung für die Einwohner der Insel mit sich, sondern auch für die wachsende Zahl an Touristen, die in der Nachkriegszeit verstärkt auf Borkum Urlaub machten. Durch den verbesserten Zugang zu verschiedenen Teilen der Insel konnte die Borkumer Wirtschaft nachhaltig gestärkt werden. Gleichzeitig diente die Erweiterung der Strecke auch militärischen Zwecken, da die Insel nach wie vor eine strategische Bedeutung hatte.
Neben den infrastrukturellen Veränderungen investierte die Gesellschaft in modernere Waggons und effizientere Betriebsmittel. Die Kleinbahn Borkum wurde zunehmend als Rückgrat des Verkehrs auf der Insel angesehen und trug erheblich dazu bei, Borkum als Erholungs- und Kurort weiterzuentwickeln. Auch der Gütertransport profitierte von diesen Verbesserungen, da nun Waren schneller und sicherer innerhalb der Insel transportiert werden konnten.
Wandel im 20. Jahrhundert
Mit der Zeit wandelte sich die Kleinbahn Borkum von einer Dampfbahn zu einer mit Diesellokomotiven betriebenen Bahn. Die historischen Dampflokomotiven wurden durch modernere Dieselloks ausgetauscht, um den Betrieb effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Diese Umstellung spiegelte den allgemeinen technologischen Fortschritt wider und trug dazu bei, den Betrieb der Bahn bis in die Gegenwart zu sichern.
Die heutige Strecke beginnt am Färhafen, führt über den J.-van-Dyken-Weg und endet im Bahnhof Borkum. Obwohl die Bahn nicht mehr die militärische oder wirtschaftliche Bedeutung früherer Tage hat, ist sie weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Inselinfrastruktur.
Nostalgische Reisen mit der Dampflok
Trotz der Modernisierung bleibt die Erinnerung an die Ära der Dampflokomotiven lebendig. Eine nostalgische Reise in die Vergangenheit bietet die historische Dampflok „Borkum“, die gelegentlich für Sonderfahrten eingesetzt wird. Mit ihrem charakteristischen Zischen und Dampfen versetzt sie ihre Passagiere direkt in die Zeit um 1900 zurück. Diese Fahrten sind nicht nur ein besonderes Erlebnis für Eisenbahnenthusiasten, sondern auch ein kultureller Höhepunkt, der die Geschichte der Inselbahn auf einzigartige Weise erlebbar macht.
moderner Betrieb der Inselbahn
Im Jahr 2024 verkehren die Züge der Kleinbahn Borkum nur noch wenige Male pro Tag, ein deutlicher Kontrast zu früheren Zeiten. Montags, freitags und sonntags gibt es vier Fahrten pro Richtung, während an den anderen Wochentagen drei Fahrten angeboten werden. Die früheste Abfahrt findet kurz nach 7 Uhr statt, und die letzte Fahrt beginnt nach 19 Uhr. Die Fahrzeit zwischen dem Bahnhof und dem Fähranleger beträgt etwa 15 Minuten.
Fahrkarten sind vergleichsweise erschwinglich (Stand: 01/25): Erwachsene zahlen 2,60 Euro, Kinder 1,30 Euro. Allerdings ist das Deutschlandticket, das für viele öffentliche Verkehrsmittel in Deutschland gilt, in der Inselbahn nicht gültig. Dennoch bleibt die Kleinbahn Borkum eine beliebte Wahl für Touristen, die die Insel erkunden möchten.
Bedeutung für Tourismus und Kultur
Die Kleinbahn Borkum ist mehr als nur ein Verkehrsmittel. Sie ist ein Symbol für die Geschichte und Kultur Borkums. Viele Touristen schätzen die nostalgische Atmosphäre der Bahn, die sie an eine vergangene Ära erinnert. Gleichzeitig dient die Bahn als praktisches Transportmittel, das die Verbindung zwischen dem Färhafen und der Inselmitte sicherstellt.
Neben ihrer historischen Bedeutung trägt die Inselbahn auch zur nachhaltigen Mobilität auf Borkum bei. Indem sie den Autoverkehr auf der Insel reduziert, hilft sie, die Umwelt zu schützen und das einzigartige Ökosystem der Nordsee zu bewahren.
Weblinks
- Burkumer Kleinbahn – Webseite
https://www.borkumer-kleinbahn.de - Instagram – Borkumer Kleinbahn
https://www.instagram.com/borkumerkleinbahn - Facebook – Borkumer Kleinbahn
https://www.facebook.com/BorkumerKleinbahn
Fazit
Die älteste Inselbahn Deutschlands auf Borkum ist ein beeindruckendes Beispiel für Ingenieurskunst, Anpassungsfähigkeit und kulturelle Bedeutung. Trotz ihrer bescheidenen Länge von etwas mehr als sieben Kilometern hat sie eine über 100-jährige Geschichte, die eng mit der Entwicklung der Insel verbunden ist. Von ihren bescheidenen Anfängen als Pferdebahn bis hin zu ihrem modernen Betrieb als Diesellok ist die Borkumer Inselbahn ein lebendiges Stück deutscher Eisenbahngeschichte.
Die Kleinbahn Borkum hat viele Herausforderungen überstanden und bleibt ein wichtiger Bestandteil des Lebens auf Borkum. Für die Zukunft ist es entscheidend, ihre historische und kulturelle Bedeutung zu bewahren und gleichzeitig die notwendigen Modernisierungen vorzunehmen, um sie als nachhaltiges Verkehrsmittel zu erhalten. Mit ihrem einzigartigen Charme und ihrer langen Geschichte wird die Borkumer Inselbahn zweifellos auch in den kommenden Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Insel bleiben.
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