Am Ratsdelft, dem alten Hafenbecken im Herzen der Emder Altstadt, zieht ein besonderes Denkmal die Aufmerksamkeit von Besuchern und Einheimischen auf sich: die Delftspucker. Dieses originelle Kunstwerk, bestehend aus drei Bronzefiguren, verbindet Geschichte, maritimes Flair und eine Prise Humor. Geschaffen vom Essener Künstler Hans-Christian Petersen, erinnert es an eine Tradition vergangener Zeiten und hat sich zu einem Wahrzeichen der Stadt entwickelt. Doch was steckt hinter diesen Figuren, die nicht nur zum Schmunzeln anregen, sondern auch gelegentlich für eine unerwartete nasse Überraschung sorgen?
Bewertung: Delftspucker
Kunstwerk mit Geschichte
Die Delftspucker sind ein lebendiges Abbild einer alten Tradition in Emden. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert war der Ratsdelft ein beliebter Treffpunkt für ältere Herren. Nach einem langen Arbeitsleben suchten sie hier Gemeinschaft und Gespräche. Dabei konsumierten sie häufig Kautabak – ein nikotinhaltiges Produkt, das vor allem unter Seeleuten beliebt war. Die Verwendung von Kautabak hatte praktische Gründe: Auf den häufig aus Holz gebauten Schiffen war Feuer ein großes Risiko, weshalb Alternativen zum Rauchen gefragt waren.
Der Kautabak wurde im Mund zerkaut, wobei sich eine braune, speichelartige Flüssigkeit bildete, die regelmäßig ausgespuckt wurde. Diese Gewohnheit erklärt den Namen „Delftspucker“. Die Herren lehnten sich an das eiserne Geländer des Ratsdelfts und spuckten in weiten Bögen in das Wasser des Hafens. Dieses Bild prägte die Hafenatmosphäre bis zum Zweiten Weltkrieg.
Die Skulpturen von Hans-Christian Petersen
Entstehung und Symbolik
Hans-Christian Petersen, ein renommierter Künstler aus Esens, schuf die Delftspucker als Hommage an diese Tradition. Die drei Bronzefiguren wurden zwischen 2017 und 2018 fertiggestellt und am Ratsdelft aufgestellt. Jede Figur trägt einen eigenen Namen und repräsentiert eine typische Gestalt aus der Vergangenheit:
- Hinni (Hinnerk de Vries): Der erste Delftspucker, der bereits früher am Geländer platziert wurde, spuckt regelmäßig ins Wasser und beobachtet dabei das Hafengeschehen.
- Joke (Joke Rinne): 2018 hinzugefügt, gesellt sich Joke zu Hinni und teilt dessen Vorliebe für das Spucken ins Hafenbecken.
- Jan: Diese Figur blickt auf die Altstadt und sorgt lediglich für die Kühlung des Geländers.
Die Figuren sind nicht nur realistisch gestaltet, sondern auch mit einer technischen Besonderheit ausgestattet: Alle 30 Sekunden schießt ein Wasserstrahl aus den Mäulern von Hinni und Joke. Diese Interaktion sorgt nicht selten für Überraschungen bei den Besuchern, die sich unvorbereitet zu nah an die Figuren wagen.
Künstlerischer Anspruch
Petersens Werke sind bekannt für ihre Liebe zum Detail und ihre Nähe zur maritimen Kultur. Seine Fischer-Skulpturen in Neuharlingersiel gehören zu den am häufigsten fotografierten Figuren Deutschlands. Mit den Delftspuckern hat er erneut ein Werk geschaffen, das historische Authentizität und künstlerische Kreativität vereint. Jede Figur kostete etwa 30.000 Euro, eine Investition, die durch Spenden von Emder Bürgern möglich wurde.
Die Enthüllung und Bedeutung
Die feierliche Enthüllung der Delftspucker fand unter großer Anteilnahme der Emder Bevölkerung statt. Die Figuren wurden mit maritimen Klängen und humorvollen Taufzeremonien begrüßt. Ines Nörker, die die Enthüllung leitete, sorgte mit einem Kuss auf die Wangen der Bronzefiguren für schmunzelnde Gesichter bei den Zuschauern. Auch Emdens damaliger Oberbürgermeister Bernd Bornemann lobte das Ensemble und hob die soziale Botschaft hervor. „Die Delftspucker könnten ein Symbol dafür sein, dass die Menschen wieder mehr miteinander reden und sich treffen, anstatt nur digital zu kommunizieren,“ sagte er.
Für die einheimischen Stifter Walter Insel und Manfred Leeling war das Projekt eine Herzensangelegenheit. Sie wollten damit an die „kleinen Leute“ erinnern, die oft in Vergessenheit geraten. Die Delftspucker stehen daher nicht nur für eine historische Tradition, sondern auch für das Gemeinschaftsgefühl und die Lebensfreude der Stadt.
Die Delftspucker als Attraktion
Die Delftspucker sind längst zu einem beliebten Fotomotiv und einem Highlight für Touristen geworden. Besucher können nicht nur das Schauspiel der Wasserstrahlen beobachten, sondern auch die Figuren als Kulisse für maritime Selfies nutzen. Die Kombination aus humorvoller Gestaltung und historischem Hintergrund macht die Skulpturen zu einem einzigartigen Erlebnis.
Die Anreise zu diesem besonderen Denkmal gestaltet sich bequem. Wer mit dem Auto unterwegs ist, kann den Ratsdelft über die A31 und die Bundesstraße 210 erreichen. Es gibt mehrere Parkmöglichkeiten in der Altstadt, darunter das Parkhaus am Delft. Für Reisende mit der Bahn bietet der Hauptbahnhof Emden eine gute Anbindung. Von dort aus ist der Ratsdelft fußläufig in etwa 15 Minuten erreichbar. Alternativ verkehren Stadtbusse, die direkt zur Altstadt fahren.
Der Bereich um den Ratsdelft zieht durch das Denkmal mehr Menschen an, die die umliegenden Cafés, Geschäfte und Sehenswürdigkeiten besuchen. So laden die nahegelegene Delfttreppe und der Stadtgarten zu einem entspannten Spaziergang ein. Das Denkmal ist somit ein Beispiel dafür, wie Kunst den öffentlichen Raum bereichern und das kulturelle Erbe einer Stadt lebendig halten kann.
Fazit
Die Delftspucker in Emden sind weit mehr als ein humorvolles Denkmal. Sie erzählen die Geschichte einer Tradition, die eng mit der maritimen Kultur und dem Gemeinschaftsgefühl der Stadt verbunden ist. Gleichzeitig sind sie ein Beispiel für gelungene Kunst im öffentlichen Raum, die historische Authentizität mit moderner Interaktivitt verbindet. Für die Emder und ihre Gäste sind die Figuren ein Anlass, innezuhalten, zu lachen und sich an die Bedeutung von Gemeinschaft und Gesprächen zu erinnern. Mit ihrer Mischung aus Charme, Geschichte und Kreativität sind die Delftspucker ein wahres Juwel im Herzen Emdens.
Location
Delftspucker
Am Delft / direkt am alten Hafenbecken
D-26721 Emden
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