Die tom Brok (auch: tom Broke, tom Brook, tom Broek, ten Brok, ten Broke) waren ein mächtiges ostfriesisches Häuptlingsgeschlecht, das ursprünglich aus dem Norderland stammte. Unter den friesischen Häuptlingsfamilien versuchten die tom Brok seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die Herrschaft über Ostfriesland zu erlangen. Mit Ocko II. starb 1435 der letzte Häuptling aus dem Haus der tom Brok, womit die Dynastie endete.
Ursprung und Aufstieg
Der früheste historisch belegte Vertreter der Familie tom Brok ist Keno Kenesna, der im Jahr 1309 als einer der drei „consules et advocati terrae Nordensis“ Erwähnung findet. Ursprünglich war der Grundbesitz der Familie im Brokmerland vermutlich gering. Doch bereits um 1347 hatten Nachkommen die Gerichtsherrschaft in den Kirchspielen Uttum und Visquard inne. Damit zählte die Familie zu den einflussreichsten Akteuren im Emsigerland sowie im Norderland. Im Brokmerland unterhielt die Familie einen Redgerhof in Engerhafe, der seinem Besitzer das Recht zur Ausübung des Richteramtes verlieh.
Ein bedeutender Nachfahre Kenesnas war Keno Hilmerisna, der von den Brookmerländern zum Häuptling gewählt wurde. Er war der Erste, der sich „tom Brok“ nannte. 1361 führte er das Landesaufgebot gegen Edo Wiemken an und wurde im Jahr 1371 erstmals als Häuptling des Brokmerlandes erwähnt. Er gehörte zudem zu den vier alljährlich gewählten Consules des Norderlandes.
Blütezeit unter Ocko I. tom Brok
Kenos Sohn, Ocko I. tom Brok (um 1345–1391), wurde am Hof von Neapel zum Ritter geschlagen und erweiterte den Besitz der Familie um das Norderland. 1379 nahm er das Emsigerland nördlich von Emden, das Harlingerland und das Auricherland in Besitz. Die Burg in Aurich wurde daraufhin zum Zentrum der Herrschaft der tom Brok.
Im Jahr 1381 bot Ocko I. seine Herrschaft als Lehen Herzog Albrecht von Bayern, Graf von Holland, an. Dies wurde von vielen Ostfriesen als Verletzung der friesischen Freiheit angesehen. Ocko I. fiel 1391 einem Mordanschlag zum Opfer und wurde vor seiner Burg in Aurich getötet.
Nach Ockos Tod übernahm seine Witwe Foelke Kampana, im Volksmund als Quade Foelke bekannt, die Regentschaft für ihren unehelichen Sohn Widzeld tom Brok. Nach Erreichen seiner Souveränität gewährte Widzeld den berüchtigten Vitalienbrüdern unter Klaus Störtebeker Schutz und einen Zufluchtsort in Ostfriesland. 1399 wurde er jedoch Opfer eines feindlichen Angriffs und starb in der Kirche zu Detern bei einem Brand, der von Kriegern des Erzbischofs von Bremen, des Grafen von Oldenburg und deren Verbündeten gelegt wurde. Dieses Ereignis veranlasste die Hanse um das Jahr 1400 zum militärischen Eingreifen gegen die Vitalienbrüder.
Machtkampf und Niedergang
Nach dem Tod Widzelds wurde sein Nachfolger Keno II. tom Brok im Jahr 1400 von der Hanse gezwungen, das Bündnis mit den Seeräubern aufzugeben. Keno II. besiegte 1413 den Emder Häuptling Hisko Abdena und weitete 1415 seine Herrschaft auf das westliche Friesland aus.
Sein Sohn Ocko II. tom Brok trat ein großes Herrschaftsgebiet an, das es ihm ermöglichte, sich als Häuptling von Ostfriesland zu bezeichnen. Er festigte 1421/22 seine Herrschaft in Westfriesland und Emden durch den Sieg seines Verbündeten Focko Ukena. Allerdings kam es in der Folgezeit zu schweren Konflikten zwischen Focko Ukena und Ocko II., die schließlich in offene Kriegshandlungen mündeten.
1426 wurde Ocko II. bei Detern von Focko Ukena besiegt. 1427 verbündete sich Ukena mit dem Bischof von Münster sowie weiteren ostfriesischen Häuptlingen und besiegte Ocko II. am 28. Oktober 1427 auf den Wilden Äckern zwischen Oldeborg und Marienhafe endgültig. Ocko wurde nach Leer gebracht und dort vier Jahre lang inhaftiert. 1435 verstarb er in Norden, womit die politische Macht der Familie tom Brok endgültig erlosch.
Blütezeit unter Ocko I. tom Brok
Unter Ocko I. tom Brok, der um 1375 die Herrschaft übernahm, erreichte das Geschlecht den Höhepunkt seiner Macht. Ocko I. erweiterte den Einflussbereich der tom Broks auf große Teile Ostfrieslands. Er führte militärische Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Häuptlingen und baute strategische Allianzen auf. Zudem legte er mit dem Bau und Ausbau von Burgen, darunter die Burg in Aurich, wichtige Grundlagen für die Sicherung der Herrschaft.
Machtkampf und Niedergang
Nach Ocko I. folgte sein Sohn Keno II. tom Brok. Dessen Regierungszeit war von heftigen Auseinandersetzungen mit anderen ostfriesischen Adelsfamilien geprägt, insbesondere mit Focko Ukena, einem einstigen Verbündeten der Familie. Die Konflikte erreichten ihren Höhepunkt in der Schlacht auf den Wilden Aa im Jahr 1427, in der Keno II. eine vernichtende Niederlage erlitt.
Nach dieser Schlacht zerfiel der Machtbereich der tom Broks, und ihr Einfluss schwand zunehmend. Keno II. wurde gefangen genommen und trat später von seinen Herrschaftsansprüchen zurück. Mit dem Tod Ocko II. tom Brok im Jahr 1435 endete die direkte Linie der Familie als politische Macht in Ostfriesland.
Bedeutung und Vermächtnis
Obwohl die Familie tom Brok als politische Herrscher in Ostfriesland unterging, hinterließ sie ein bedeutendes Erbe. Ihre Herrschaft markierte eine wichtige Phase in der Geschichte Ostfrieslands, da sie den Übergang von einer dezentralen Herrschaftsstruktur hin zu einer zentralisierten politischen Ordnung einleitete.
Zudem bildete ihr Aufstieg die Grundlage für die spätere Herrschaft der Cirksena, die ab dem 15. Jahrhundert die ostfriesische Geschichte maßgeblich prägten. Die Burgen und Wehranlagen, die unter der Herrschaft des Adelsgeschlechts errichtet wurden, blieben teilweise erhalten oder bildeten die Basis für spätere Herrschaftszentren.

Wappen der tom Brok
Das Wappen der Familie tom Brok zeigt einen goldenen, gekrönten Adler auf rotem Grund. Dieses Symbol repräsentiert die Macht und den Einfluss des Adelsgeschlechts im mittelalterlichen Ostfriesland. Der gekrönte Adler findet sich auch im oberen rechten Feld des Ostfriesland-Wappens wieder, was die historische Bedeutung der Familie unterstreicht.
Fazit
Das Adelsgeschlecht tom Brok war eine der einflussreichsten Häuptlingsfamilien Ostfrieslands während des Spätmittelalters. Ihre ambitionierten Machtansprüche führten zu einer weitreichenden politischen Expansion und zur Etablierung eines dynastischen Herrschaftsmodells in der Region. Trotz ihres letztendlichen Niedergangs prägten sie die politische Landschaft maßgeblich und bereiteten den Weg für die späteren Herrscher, insbesondere die Cirksena.
Der Aufstieg und Fall des Adelsgeschlecht illustriert die turbulente und von Machtkämpfen geprägte Geschichte Ostfrieslands im Mittelalter. Ihre Errungenschaften, insbesondere die Zentralisierung der Macht und der Ausbau militärischer und administrativer Strukturen, hatten langfristige Auswirkungen auf die politische Entwicklung der Region. Auch wenn die Familie tom Brok als Herrscherdynastie verschwand, bleibt ihr Erbe als wichtiger Bestandteil der ostfriesischen Geschichte bestehen.
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